
Digitaler Unterricht – Differenzieren im virtuellen Klassenzimmer
Lesedauer: 05:00 Minuten
Um alle Schülerinnen und Schüler gemäß ihres jeweiligen Niveaus optimal zu fördern, muss eine Differenzierung des Unterrichts gewährleistet sein – insbesondere im virtuellen Klassenzimmer! Durch Aufgaben unterschiedlicher Niveaustufen kann die Lernmotivation erhöht, eine positive Lernatmosphäre erzeugt und vor allem Ermutigung und Verständnis den Jugendlichen gegenüber gezeigt werden. Auch im digitalen Unterricht – und zwar in Videokonferenzen – sind Methoden der Binnendifferenzierung möglich. Erfahren Sie im Folgenden, welche vier Methoden sinnvolle Konzepte für das digitale Lernen sind!
Inhaltsverzeichnis
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Methode 1: Beratungsraum
Phase 1 (10 Min.)
Sie erklären der Klasse im Plenum die Grundlagen zu einem neuen Thema. Chatraum: Plenum
Phase 2 (10 Min.)
Die Schülerinnen und Schüler lösen mit Ihnen gemeinsam im Plenum einfache Grundaufgaben zum Thema.Chatraum: Plenum
Phase 3 (20 Min.)
Sie ermöglichen nun die Differenzierung. Die Klasse erhält nun vertiefende Aufgaben. Wer Schwierigkeiten hat, kommt zu Ihnen in einen anderen Chatraum: in den BeratungsraumChatraum: Plenum
Phase 4 (5 Min.)
Die Jugendlichen kehren ins Plenum zurück. Die Klasse gibt ein kurzes Feedback zur Unterrichtsstunde.
Chatraum: Plenum
Bei der 1. Methode, dem Beratungsraum, führen Sie in der ersten Phase zunächst in ein neues Thema ein. Danach lösen Sie Grundaufgaben im Plenum, um eine gemeinsame Basis der gesamten Lerngruppe zu schaffen. Nun können Sie der Klasse vertiefende Übungsaufgaben geben. Die Schülerinnen und Schüler haben hierfür in Einzelarbeit ca. 20 Minuten Zeit. Sie informieren die Klasse darüber, dass Sie nun als Berater in den Beratungsraum gehen werden. Wer Schwierigkeiten hat, die Aufgaben allein zu lösen, kann zu Ihnen in die Beratung kommen. Auf diese Weise werden sie eine kleine Lerngruppe mit homogenen Leistungsniveau erhalten. Im Beratungsraum können Sie auf die Fragen der Schülerinnen und Schüler eingehen. Außerdem können Sie die Übungsaufgaben sehr kleinschrittig erklären. Am Ende der Unterrichtsstunde bietet sich ein kurzes Feedback an, damit sie erfahren, wie effektiv Ihre Unterrichtsstunde war oder ob diese für das nächste Mal optimiert werden kann.
Methode 2: Stationenlernen
Phase 1 (15 Min.)
Sie präsentieren der Klasse im Plenum die Grundlagen zu einem neuen Thema.
Chatraum: Plenum
Phase 2 (10 Min)
Die Schülerinnen und Schüler lösen mit Ihnen gemeinsam im Plenum einfache Grundaufgaben zum Thema.
Chatraum: Plenum
Phase 3 (60 Min)
Die Schülerinnen und Schüler gehen zu den jeweiligen Stationsleitern in die Chaträume.
Chaträume: Stationenräume
Phase 4 (5 Min)
Die Klasse gibt ein kurzes Feedback zur Unterrichtsstunde.
Chatraum: Plenum
Beim Stationenlernen eignet sich eher eine Doppelstunde als Unterrichtszeit – ebenso wie etwas mehr Vorarbeit. Versuchen Sie Ihren Unterrichtsstoff in mehrere Teilgebiete einzuteilen und erstellen Sie dazu jeweils eine kurze Präsentation. Sie sollten vor der Unterrichtsstunde die vier leistungsstärksten Schülerinnen und Schüler kontaktieren und fragen, ob sie bereit wären, Stationsleiter zu sein und diese mit den Präsentation vertraut machen.
Nachdem Sie im Plenum das neue Thema eingeführt und Grundaufgaben besprochen haben, teilen Sie die Klasse in vier Gruppen auf. Alle Schülerinnen und Schüler müssen im Verlauf der Unterrichtseinheit vier Stationen im virtuellen Klassenzimmer besuchen.
Jede Teilgruppe geht zu einem Stationsleiter, welcher in seinem Chatraum sein jeweiliges Thema anhand der Präsentation vorstellt und Fragen der Klassenkameraden beantwortet. Nach 15 Minuten bittet er seine Gruppe zur nächsten Station zu gehen. Auf diese Weise werden nach 60 Minuten alle vier Stationen besucht worden sein. Diese Methode hat zwei große Vorteile: Durch die Kleingruppen kann ein Thema besser durchdrungen werden, da individuelle Fragen durch die Stationsleiter schneller geklärt werden können. Außerdem ist es häufig so, dass die Jugendlichen eine Thematik besser verstehen, wenn diese von einem anderen Jugendlichen erklärt werden. Durch die Rolle des Stationsleiters werden aber auch die personalen Kompetenzen der Jugendlichen gestärkt, denn diese Rolle steigert ihr Selbstbewusstsein und festigt ihre Präsentationskompetenzen. Auch hier empfiehlt es sich am Ende der Unterrichtsstunde eine kurze Feedback-Runde durchzuführen.
Methode 3: Expertenräume
Phase 1 (10 Min.)
Sie wiederholen im Plenum die wichtigsten Aspekte des derzeitigen Unterrichtsthemas.
Chatraum: Plenum
Phase 2 (5 Min)
Die Schülerinnen und Schüler führen einen Multiple-Choice-Test durch.
Chatraum: Plenum
Phase 3 (25 Min)
Die Schülerinnen und Schüler gehen zu den jeweiligen Experten in die Chaträume.
Chaträume: Expertenräume
Phase 4 (5 Min)
Die Klasse gibt ein kurzes Feedback zur Unterrichtsstunde.
Chatraum: Plenum
Auch bei dieser Methode wiederholen Sie zunächst die wesentlichen Inhalte des derzeitigen Unterrichtsstoffes. Gehen Sie nochmals exemplarisch auf jedes Unterthema ein und lösen sie hierzu eine Aufgabe im Plenum.
Danach folgt ein fünfminütiger Multiple-Choice-Test, mit dessen Hilfe sich die Lernenden ihr Niveau einschätzen können. (Auf der Webseite „https://learningapps.org/“ können Sie kostenlos Online-Multiple-Choice-Tests zur Selbsteinschätzung erstellen.) Nun teilen Sie der Lerngruppe mit: Wer nur 0 bis 40% der Fragen richtig beantwortet hat, geht in den Expertenraum 1. Wer 41 bis 70% richtig beantwortet hat, geht in den Raum 2. Und wer 71 bis 100% der Fragen richtig hat, geht in den Raum 3. In jedem der drei Räume wartet ein Experte, der mit seiner jeweiligen Lerngruppe Aufgaben bespricht, die der Lehrer den Experten schon vorher mit Lösungen zugemailt hat. Durch diese Einteilung in drei Niveaustufen kann man den unterschiedlichen Stand der Leistungsniveaus der Schülerinnen und Schüler auch im virtuellen Klassenzimmer gerecht werden. Vereinbaren Sie auch die Regel, dass ein Schüler auch von Raum 1 zu Raum 2 wechseln kann, wenn er die Aufgaben verstanden hat und nun ein höheres Niveau möchte. Geben Sie den drei Experten Hilfen in Form von vorgefertigten Präsentationen, digitalen Arbeitsblättern oder Tipps zum Erklären der Aufgaben, so dass diese ihre Aufgabe erfolgreich meistern können. Übrigens können Sie diese Methode auch im klassischen Unterricht ideal einsetzen. Dort würde es dann nur so sein, dass es keine Expertenräume, sondern Gruppentische sind, an denen die jeweiligen Experten ihre Aufgaben erklären. Vergessen Sie auch hier nicht am Ende ein kurzes Feedback durchzuführen.
Methode 4: Lerntandems
Phase 1 (10 Min.)
Sie wiederholen im Plenum die wichtigsten Aspekte des derzeitigen Unterrichtsthemas.
Chatraum: Plenum
Phase 2 (20 Min)
Die Schülerinnen und Schüler treffen sich zu zweit in Tandemräumen.
Chatraum: Tandem-Räume
Phase 3 (10 Min)
Die Schülerinnen und Schüler lösen gemeinsam mit der Lehrkraft Aufgaben zum Themengebiet.
Chaträume: Plenum
Phase 4 (5 Min)
Die Klasse gibt ein kurzes Feedback zur Unterrichtsstunde.
Chatraum: Plenum
Auch bei den Lerntandems werden im Plenum die wesentlichen Inhalte des derzeitigen Themas wiederholt. Bilden Sie nun Tandem-Teams aus zwei Lernenden. Achten Sie dabei darauf, dass sie jeweils einen schwächeren und einen stärkeren Jugendlichen in den Partnerteams einteilen. In den Tandem-Räumen lösen die beiden vertiefende Aufgaben in einer Partnerarbeit. Hierbei kann der stärkere dem schwächeren Schüler helfen. Der Vorteil dieser Methode ist, dass die sozialen Kompetenzen der Jugendlichen gestärkt werden. Es kann auch passieren, dass der eine Jugendliche seine Stärken in den Naturwissenschaften und der andere in Sprachen hat. So kann es vorkommen, dass die beiden ihre Rollen wechseln. Je nach dem im welchem Fach sie sich befinden, übernimmt der stärkere Schüler die Verantwortung für den anderen, indem er die Aufgaben erklärt. Auch diese Methode eignet sich selbstverständlich sowohl im virtuellen Klassenzimmer als auch im klassischen Unterrichtsraum.
Nach der Tandem-Phase treffen sich alle Jugendlichen wieder im Plenum-Chatraum mit ihrem Lehrer. Hier kann der Lehrer nun prüfen, ob die Schülerinnen und Schüler effektiv gelernt haben. Er formuliert vertiefende Fragestellungen zur Thematik und erarbeitet gemeinsam mit der Klasse die Lösungsansätze. Denken Sie am Ende wieder an die Feedback-Runde.
Tipp
Bleiben Sie hoffnungsvoll, geduldig und offen für digitalen Unterricht!Die hier geschilderten Unterrichtsmethoden sind nur einige von vielen zahlreichen Differenzierungsmethoden, die Sie im digitalen Unterricht einsetzen können. Seien Sie kreativ, modern und innovativ in Ihrer Unterrichtsgestaltung. Überprüfen Sie bitte immer wieder Ihre Grundhaltung zu neuen Unterrichtsformen. Vielleicht werden bei Ihrem ersten digitalen Differenzierungsversuch Schwierigkeiten auftreten. Beispielsweise nutzen 3 der 20 Schüler und Schülerinnen die Situation aus und gehen in keinen anderen Raum zum differenzierten Lernen im virtuellen Klassenzimmer. Diese drei Schüler und Schülerinnen werden nicht viel dazu gelernt haben. Aber die entscheidende Frage ist, richten Sie nun Ihr Augenmerk auf diesen negativen Aspekt oder konzentrieren Sie sich auf die positiven Aspekte Ihres Unterrichts? 17 Schüler und Schülerinnen haben effektiv gearbeitet! Natürlich können Sie Ihren Unterricht optimieren und versuchen diese drei Schüler und Schülerinnen zu erreichen. Mein Rat daher: Bleiben Sie hoffnungsvoll, geduldig und offen für innovative digitale Unterrichtskonzepte!